Kompetenzzentrum für HNO informiert: Mittelohrentzündung – Otitis media
Definition Mittelohrentzündung (Otitis media)
Die Mittelohrentzündung (Otitis media) ist eine durch Viren oder Bakterien meist im Rahmen eines Infekts der oberen Atemwege entstandene Entzündung der Schleimhaut des Ohres und seiner benachbarten Gewebe.
Das Mittelohr dient der Schallübertragung ins Innenohr. In ihm liegen die Gehörknöchelchen (Hammer, Amboss und Steigbügel), im Innenohr liegt das eigentliche Hörorgan (Hörschnecke) und das Gleichgewichtsorgan. In unmittelbarer Nachbarschaft des Mittelohres liegen die Zellen des Warzenfortsatzes, die seitliche Schädelbasis, der Gesichts- und Geschmacksnerv und große Blutgefäße. Das Mittelohr wird durch die Ohrtrompete von der Nase aus belüftet und ist nach außen durch das Trommelfell zum Gehörgang hin geschlossen. Für ein normales Hören ist ein intaktes Trommelfell bei gut funktionierender Belüftung des Mittelohrs (unter anderem) unumgänglich.
Synonyme und artverwandte Begriffe
eitrige Mittelohrentzündung (Otitis media purulenta), grippal verursachte Mittelohrentzündung (Grippe-Otitis), Paukenerguss (Otitis media chronica), Entzündung des Warzenfortsatzes (Mastoiditis)
Englisch: Infection of the middle ear
Überblick Mittelohrentzündung
Der HNO-Arzt unterscheidet zwischen zwei Arten von Mittelohrentzündungen (Otitis media)
- akute Mittelohrentzündung
- chronische Mittelohrentzündung
Die akute Mittelohrentzündung kann sich innerhalb weniger Stunden ein- oder beidseitig entwickeln und ist meist sehr schmerzhaft, da das Sekret bzw. der Eiter zunächst nicht abfließen kann. Erst das „Platzen“ des Trommelfells führt zu einer deutlichen Schmerzbesserung. Dieses ist anfangs stark gerötet, vorgewölbt, geschwollen und seine Konturen sind verschwommen.
Hörminderung, Schwindel, Kopfschmerzen, erhöhte Körpertemperatur und Abgeschlagenheit kommen hinzu.
Kleinkinder fiebern plötzlich, schreien, essen und trinken nicht und fahren mit den Händen zu den Ohren.
Die chronische Mittelohrentzündung entsteht nach wiederholten akuten Mittelohrentzündungen oder nach Verletzungen des Trommelfells – meist jedoch schleichend und symptomarm. Der HNO-Arzt findet bei der Ohrinspektion Defekte des Trommelfells („Löcher“, Einziehungen, Verkalkungen, umschriebene Entzündungsherde) und fallweise Sekretion (wässrig, eitrig) sowie dementsprechende Hörminderungen unterschiedlicher Ausprägung.
Ursachen der Mittelohrentzündung (Otitis media)
Bei der akuten Entzündung handelt es sich um eine Beteiligung des Ohres bei einem Infekt der oberen Atemwege, ausgelöst durch Viren und Bakterien. Besonders bei Kleinkindern ist die Verbindung Nase – Ohr via Ohrtrompete sehr kurz, die Keime haben einen kurzen Weg ins Ohr. Abwehrschwächen, Adenoide („Polypen“) und genetische Ursachen prädisponieren Kinder zu Ohrproblemen.
Die chronische Mittelohrentzündung entsteht meist aus einer ständigen Unterbelüftung des Ohres. Dies führt zu lokalem Unterdruck, ein normaler Druckausgleich über die Nase via Ohrtrompete (Tuben) ist nicht möglich. Unterdruck führt zu lokalen Einziehungen des Trommelfells, es dünnt lokal aus, die Übertragung des Schalls ist eingeschränkt, der Patient hört schlechter. Kommt es schließlich nach einer Entzündung zu einem Defekt im Trommelfell können dort Keime eindringen und das Ohr schädigen (Sekretion, Zerstörung von Gehörknöchelchen). Ungünstige anatomische Verhältnisse, Abwehrschwächen, genetische Dispositionen und Grunderkrankungen (Diabetes etc.) leisten der chronischen Mittelohrentzündung (Otitis media) Vorschub.
Was Sie bei Mittelohrentzündung (Otitis media) selbst tun können
Bei der akuten Mittelohrentzündung (Otitis media) empfiehlt der HNO-Arzt, dass Sie sich zu Beginn körperlich und geistig schonen und trinken Sie ausreichend. Sprühen Sie drei Mal pro Tag ein abschwellendes Nasenspray in die Nase. Verzichten Sie auf Einträufeln von Ohrentropfen. Sie erreichen die hinter dem noch intakten Trommelfell gelegene Entzündung nicht. Schmerzmittel und abschwellend wirkende Medikamente lindern die Beschwerden.
Kontaktieren Sie Ihren HNO-Arzt, wenn
- sich in 12 Stunden unter obiger Eigentherapie keine spürbare Besserung einstellt.
Bei Säuglingen und Kleinkindern ist besondere Vorsicht geboten: Sie können innerhalb weniger Stunden erhebliche Probleme entwickeln. Beobachten Sie genauestens, wie der Allgemeinzustand des Kindes ist. (Hohes) Fieber, Unruhe (auffälliges Quengeln), Nahrungsverweigerung, Atmung, Schweißbildung, Durchfall, Erbrechen, Griffe Richtung Ohr, Druckempfindlichkeit am Ohr etc. sind Anzeichen eines beginnenden Infekts. Suchen Sie sehr zügig ärztlichen Rat.
Hilfe durch den HNO Spezialisten
Je nach Spezifität der Systematik kann ausgehend von einem Gespräch mit Ihrem HNO Arzt eine weitere detaillierte Diagnostik bei verschiedensten Fachmedizinern erfolgen. Hierzu gehören:
- HNO-Arzt (incl. Allergologie)
- Internist
Was Sie bei Ihrem Arzt für HNO erwartet
Bevor Ihr Facharzt für HNO mit einer Untersuchung beginnt, findet ein einführendes Gespräch (Anamnese) über Ihre aktuellen Beschwerden statt. Im Rahmen dessen befragt er Sie ebenfalls zu zurückliegenden Beschwerden und eventuell bestehenden Erkrankungen.
Mit folgenden Fragen können Sie rechnen:
- Seit wann bestehen die Symptome?
- Können Sie eine genaue Charakterisierung und gegebenenfalls Lokalisation vornehmen?
- Haben sich im Verlauf der Symptomatik Veränderungen ergeben?
- Leiden Sie unter zusätzlichen Symptomen, wie beispielsweise Heiserkeit, Husten etc.?
- Litten Sie bereits schon einmal daran und sind diese Anzeichen familiär aufgetreten?
- Bestehen aktuell Vorerkrankungen und werden diese therapiert?
- Nehmen Sie aktuell Medikamente ein?
- Sind Ihnen Allergien bekannt?
Welche Medikamente nehmen Sie regelmäßig ein?
Ihr HNO-Arzt benötigt eine Übersicht über Arzneimittel, die Sie regelmäßig einnehmen. Stellen Sie schon vor dem Arztbesuch eine Übersicht über die Medikamente, die Sie einnehmen, in einer Tabelle zusammen. Einen Medikamentenplan zum ausfüllen finden Sie hier.
Untersuchungen (Diagnostik) durch den HNO-Arzt Berlin
Ausgehend von Ihrer in der vorausgegangenen Anamnese erhobenen Symptomcharakteristik und Ihrem aktuellen Befinden kann der HNO-Arzt nun folgende Diagnostik anwenden:
- komplette Untersuchung der Ohren, der Nase und des Halses
Die Ohren werden vom HNO-Arzt mit einem Ohrmikroskop und einem Ohrtrichter vorsichtig untersucht. Vorhandenes Sekret wird abgesaugt. Stimmgabeltests , das Abtasten der Umgebung sowie erforderlichenfalls ein Abstrich vervollständigen im akuten Fall diese Untersuchung.
Eine weitere Untersuchung der Ohren einschließlich Hörtests erfolgt nach Abklingen der akuten Schmerzen.
Bei chronischen Entzündungen sind zusätzliche röntgenologische Untersuchungen und eine HNO-fachärztliche Abklärung der Nase, des Nasen-Rachenraum, des Mund-Rachenraums und der Nasennebenhöhlen erforderlich. Allergietests, Bluttests, Hörfunktionstest und die Untersuchung des Gleichgewichtsorgans runden die Diagnostik ab.
Behandlungen (Therapie)
Ausgehend von Ihrer in der vorausgegangenen Anamnese erhobenen Symptomcharakteristik und Ihrem aktuellen Befinden kann der HNO-Arzt nun folgende Therapie vorschlagen:
Akute Entzündungen erfordern die Verordnung von Antibiotika und schmerzstillenden sowie abschwellend wirkenden Medikamenten. Hinzu kommt ein Nasenspray zur Anwendung in der Nase.
Bei Sekretstau im Mittelohr mit sich vorwölbendem Trommelfell bringt ein kleiner Schnitt ins Trommelfell zur Entlastung des Drucks eine sofortige Schmerzlinderung. Ohrentropfen wirken nicht.
Lokale Wärme kann angenehm wirken.
Säuglingen und Kleinkinder müssen bei beginnenden Komplikationen stationär aufgenommen werden.
Bei einer chronischen Mittelohrentzündung werden zunächst alle Mittel der konservativen Medizin angewendet, bevor unter Umständen eine Operationsempfehlung ausgesprochen werden kann. Leider sind nicht alle chronischen Ohrentzündungen erfolgreich operabel. Ihr HNO-Arzt Berlin wird Sie hierüber intensiv beraten.
Bei Kleinkindern kann eine ständige Sekretansammlung im Mittelohr bestehen. Dies führt zu deutlicher Hörminderung der kleinen Patienten, die dann auch Probleme mit der Aussprache bekommen. Wer schlecht hört, lernt auch undeutlich sprechen, ist unaufmerksam, unkonzentriert und erscheint unkooperativ. Kleinkinder mit Sekretansammlung im Mittelohr (meist nach Mittelohrentzündungen) bedürfen häufig eines Trommelfellschnitts mit evtl. Einlage eines Paukenröhrchens. Dieses soll durch die nunmehr gute Belüftung zu einem Stopp der Sekretion und damit zu einem normalen Gehör führen. Der Eingriff wird üblicherweise mit einer Adenotomie („Polypen“-Entfernung) kombiniert.
Vorbeugung (Prophylaxe, Prävention)
Da es sich bei der Mittelohrentzündung (Otitis media)um eine Tröpfcheninfektion handelt, empfiehlt der HNO-Arzt, dass Sie von erkennbar Kranken Abstand halten. Leben Sie gesund, stärken Sie die körpereigene Abwehr durch gesunde Ernährung, Sport und Nikotinabstinenz. Reinigen sie die Hände gründlich. Kinder unter erkrankten Kindern (Kita, Schule) haben eine höhere Erkrankungshäufigkeit. Stellen Sie diese bei ständigen Erkältungen Ihrem HNO-Arzt vor, damit dieser die Ohren regelmäßig kontrolliert und nachsieht, ob behandlungsbedürftige „Polypen“ (Adenoide) vorliegen.
Prognose
Akute Mittelohrentzündungen (Otitis media) heilen bei adäquater Therapie in etwa zwei Wochen aus. Bei Kindern kann jedoch ein Paukenerguss längerfristig anhalten, der dringend kontrollbedürftig ist und weiterer Therapie bedarf.
Chronische Mittelohrentzündungen können bei guten Bedingungen zur Heilung gebracht werden, langfristige Krankheitsverläufe sind jedoch möglich.